Donnerstag, 26. März 2020

Von Stöcken und Seife

Vorzeichen, die unterschiedlicher nicht sein konnten, begleiteten mich in den Wochen und Tagen vor meinem diesjährigen Karate-Lehrgang in Niesky Anfang März. Zum einen freute ich mich, dass es neben ein paar neuen Teilnehmern auch Anmeldungen von Wiederholungstätern auf dem Feld des Shōtōkan-Stocks gab. Zum anderen waren da Nachrichten aus China, denen Nachrichten aus Europa folgten, die eindringlich vor einem neuen Corona-Virus warnten. Sie veranlassten mich, besonders gut den Informationen eines sächsischen Virologen zu lauschen, um die Durchführbarkeit des Lehrgangs zu erwägen. Zu diesem Zeitpunkt war das Gefährdungspotential vor Ort gering, doch wir waren gewarnt und achteten besonders auf das Vorhandensein von Seife in den beiden Hallen.

Alle Teilnehmer blieben an dem Wochenende gesund und konnten obendrein viel lernen und vertiefen. Für Neulinge stand mit Shūji no Kon die erste Stock-Kata des Shōtōkan-Ryū auf dem Programm. In diesem Zusammenhang konnte ich auch die nicht unwichtige Frage klären, ob die Reihenfolge des Unterrichts von mir stammt oder aus dem historischen Shōtōkan. Tatsächlich stammt sie aus letzterem …

In einer zweiten Gruppe vermittelte ich die von Funakoshi Yoshitaka Sensei stammende Matsukaze no Kon, die ein echtes Juwel des Shōtōkan-Ryū darstellt.

Neben den Abläufen und Feinheiten dieser beiden Kata gab es auch zahlreiche Partnerübungen (Kumibō), die mit diesen Formen in Zusammenhang stehen. Wie ich in den Theorieteilen erklärte, bildeten die Solo-Kata die historische Grundlage des Lehrgebäudes, auf denen Partnerübungen aufbauten. Erfahrene Teilnehmer übten darüber hinaus zum ersten oder wiederholten Mal unbewaffnete Verfahren gegen Angriffe mit dem Stock (Bō-Dori), die ebenfalls Bestandteil des herkömmlichen Shōtōkan-Ryū sind.

Rauchende Köpfe, viele gestellte Fragen und Aha-Erlebnisse zeigten mir, wie erfreulich interessiert alle bei der Sache waren. Tatsächlich waren wir alle so vertieft, dass wir diesmal die Fotos fast vergaßen …


Eine Woche später wurden in Niesky und landesweit alle Turnhallen als Teil umfassender Schutzmaßnahmen vor dem neuen Corona-Virus verschlossen.

Danke nach Ilmenau, Scharbeutz, Dippoldiswalde und natürlich Niesky!

© Henning Wittwer