Dienstag, 14. September 2010

Aktuelles Training

Wenn ich über mein aktuelles Training oder meine derzeitigen Trainingsinhalte schreibe, dann gibt es einen Unterschied zwischen meinem privaten Einzeltraining und dem mit meinen Trainingspartnern. Klarer Vorteil des Einzeltrainings ist, daß ich mich ganz und gar auf mich selbst konzentrieren kann und genau das trainiere, was für mich notwendig ist. Klarer Nachteil des Einzeltrainings ist das Fehlen eines Trainingspartners.

Natürlich trainiere ich keine flashy Kombinationen – das, was Kombinationen am nächsten kommt, ist Inhalt meiner Kata, angefangen bei der Ten no Kata. Oft findet eine Aufsplittung in sogenanntes Kihon und in Kata statt. Für den Kihon-Teil des Trainings werden dann durch kluge Köpfe viele Gesten oder Bewegungen (Techniken) aneinandergereiht, was manchmal sehr lange Kombinationen zur Folge hat. Irgendeinen Wert hat das bestimmt. Für mein Training ist das aber eher unwichtig.

Also bleibt Kata als der Teil meines Einzeltrainings übrig, über den ich am einfachsten berichten kann. Zur Zeit stehen für mich Kankū und Sakugawa no Kon auf dem Plan. Bei Kankū laufe ich heiß. Als Übungsform ist Kankū einfach hervorragend und ich kann verstehen, weshalb Funakoshi Sensei gerade diese Kata mochte. Um Kankū als Übungsform begreifen zu können, muß man die historischen Hintergründe (ich meine nicht die Legenden) kennen. Ich beschreibe sie in meinem Buch.

Viele Gesten aus Kankū finden sich auch bei General Ch'i und der liebte den Faustkampf. Immer wenn ich Kankū trainiere, muß ich an ein Motto von ihm denken:

"Den Faustkampf nicht zu kennen,
das ist wie Donnerschlag,
ohne es zu schaffen, sich die Ohren zuzuhalten."

Schon die erste Bewegung – Funakoshi Sensei nennt das Ding Tsuki no Maru (Mondkreis) – ist äußerst wichtig. Mit dieser Bewegung stelle ich meinen „Karate-Körper“ ein. Was das ist, versuche ich so weit wie möglich, in einem extra Artikel zu erklären. Einfach ausgedrückt, handelt es sich um das grundlegendste Trainingsziel in meinem Karate.

Dazu schätze ich, daß in Kankū einfache, schnörkellose Bewegungen trainiert werden, was dem militärischen Grundsatz der Schlichtheit entspricht. Die einfachen Bewegungen sind natürlich nicht unschwer. Oder besser, sie sind definitiv lehrreich wie auch hilfreich. Eine Lektion stellen die vielen Tritte dar: eine Vorführ-Kata, eine Kata im Sport-Karate betont bei diesen Tritten jeweils das kickende Bein, das sehr hoch, schnell und mit diesem netten Schnappgeräusch bewegt werden soll. Meine Konzentration im Budō-Karate liegt im Bein, auf dem ich stehe. Ja, offensichtlich trete ich auch; doch der eigentlich wichtige Teil ist die Arbeit des Standbeins.

Sakugawa no Kon teilt sich mit Kankū sowohl die Schlichtheit als auch das tiefe Abtauchen. Für Zuschauer wird Sakugawa no Kon nach kurzer Zeit langweilig. Für mich als Trainierenden bieten die sich immer wiederholenden Bewegungen tüchtig Gelegenheit, an der Verbindung Beine-Rumpf-Stock zu feilen. Besondere Aufmerksamkeit gilt bei beiden Kata den Schultern: Entspannung...

In diesem Sinne wünsche ich motiviertes und intensives Training!

© Henning Wittwer