Dienstag, 7. September 2010

Meine Kata-Liste

Ein guter Einstieg wäre es, glaube ich, erst einmal all die Kata aufzuzählen, die ich trainiere. Mein Karate kommt aus einer direkten Übertragungslinie, die ins historische Shōtōkan (1938-1945) zurückführt. Übrigens ist die Formulierung „historischer Shōtōkan“ keine Erfindung von mir, sondern sie wird von einigen japanischen Fachleuten verwendet. Aber das nur am Rande. Jedenfalls bedeutet das nichts anderes, als daß ich Kata trainiere, die auch im historischen Shōtōkan trainiert wurden. Allein von der äußeren Gestik her gibt es dadurch also bereits kleinere oder größere Unterschiede zu Kata-Versionen der heute populäreren Gruppen und Verbände, wie z.B. denen der JKA. Doch auf die werde ich später noch zurückkommen.

Hier erst einmal meine Kata-Liste:

1 – Ten no Kata
2 – Chi no Kata
3 – Taikyoku
4 – Heian Shodan
5 – Heian Nidan
6 – Heian Sandan
7 – Heian Yondan
8 – Heian Godan
9 – Tekki Shodan
10 – Tekki Nidan
11 – Tekki Sandan
12 – Bassai
13 – Kankū
14 – Jitte
15 – Hangetsu
16 – Enpi
17 – Gankaku
18 – Jion
19 – Hakkō
20 – Shūji no Kon
21 – Sakugawa no Kon
22 – Matsukaze no Kon
23 – Shirotaru no Kon

Im Laufe meines Karate-Lebens lernte ich natürlich noch andere Kata aus der Shōtōkan-Strömung, von Asai Tetsuhiko Sensei zusammengestellte Kata oder z.B. auch Kata aus der Shitō-Strömung. Aber aktiv, also regelmäßig, trainiere ich nur diese 23 Kata.

Es gab eine Zeit, in der ich in meinem privaten Keiko täglich alle Kata trainierte. Dieser Ansatz hat den Vorteil, daß eben jeden Tag alle Kata trainiert werden – aber auch weniger intensiv. Deshalb konzentriere ich mich seit einigen Jahren im privaten Training über einen bestimmten Zeitraum hinweg auf jeweils zwei, manchmal drei Kata, die ich dann natürlich viel öfter und tiefgründiger angehen kann. Genau das ist wichtig. Denn die Kata bildet die Grundlage des Karate, mit ihrer Hilfe wird der Körper ausgebildet, der als Basis für die technische Fertigkeit (Waza) des Karate dient. Bloß Kata-Abläufe um der Kata-Abläufe willen zu sammeln und im Gedächtnis zu behalten hat nichts, aber auch gar nichts mit Budō-Karate zu tun.

Natürlich gibt es da diese selbsternannten Kata-Experten, die stolz Kata aus gleich mehreren Ryūha „kennen“ und auch unterrichten. Für gelangweiltes, zahlungswilliges Publikum ist das bestimmt eine tolle Sache – bloß möchte ich an dieser Stelle nicht verhehlen, daß echtes technisches Verständnis (mal ganz abgesehen vom technischen Können) einen anderen Trainingsansatz erfordert.

In meiner Karate-Linie steht Shimoda Takeshi Sensei und dieser lehrte, daß Kata nicht zum Vorzeigen da sind. Zumindest im Budō-Karate gilt dieser Ansatz. Selbstverständlich gab und gibt es Kata, die allein zum Zwecke der Vorführung trainiert werden. Meist heißt es bei diesen Vorführungen dann, daß diese Kata besonders schön sei oder wirklich gekämpft wurde. O.k., jedem das seine. Für mein Trainingsziel ist so eine Kata nicht förderlich. Ich trainiere Kata als sehr introvertierte Angelegenheit, die mir helfen soll, eine nutzbringende Grundlage für mein Karate zu schaffen. Kata ist ein Trainingsinstrument, um Karate zu lernen. Und in diesem Sinne trainiere ich Kata.

© Henning Wittwer